Wer ist denn für den „Kramladen“ zuständig?

Fishbowl-Diskussion der FG7 und FG 8 am 19. September 2019 auf dem Deutschen Archivtag in Suhl

Mitte September trafen sich im Rahmen des Deutschen Archivtages Vertreter und Vertreterinnen der Fachgruppe 7 (Medienarchive) und der Fachgruppe 8 (Archive der Hochschulen sowie wissenschaftlicher Institutionen) zu ihrer Fachgruppensitzung. Während in den letzten Jahren auf dieser Veranstaltung meistens Vorträge zu Einzelthemen gehalten wurden, erprobte die FG7 und FG8 diesmal die für viele noch unbekannte Form einer Fishbowl-Diskussion. Dies führte dazu, dass auch aus anderen Fachgruppen Archivarinnen und Archivare im Saal Platz genommen hatten.

Das Diskussionsthema lautete etwas frech formuliert: „Wer ist denn für den „Kramladen“ zuständig? – Sammlungen, Nachlässe und „Wertvolles“ im Archiv“. Schon auf dem vergangenen Deutschen Archivtag 2018 in Rostock stand die Frage nach der Zuständigkeit der Archive für Sammlungsgut und ergänzende Überlieferung auf der Agenda. In diesem Jahr wurde das Thema erneut aufgegriffen. Wofür sollten sich Archive neben ihrer originären Dokumentenüberlieferung noch zuständig fühlen? Was sind wertvolle Ergänzungen, um dessen Übernahme sich Archive kümmern sollten? In einer Zeit, in der Schlagworte wie „alternative Fakten“, „fake news“ und „postfaktisch“ zum Alltag zählen, stellt sich die Frage, welchen Beitrag Archive zur Wahrheitsfindung leisten können. Der bekannte deutscher Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist Götz Aly lieferte im Eröffnungsvortrag auf dem Deutschen Archivtag 2019 auch für diese Fragestellung den passenden Einstieg. Mit Nachdruck plädierte er dafür, nicht nur die amtliche Überlieferung zu bewahren, sondern Unterlagen aus allen Bereichen der Gesellschaft – um so das Weltbild und den Blick in die Geschichte zu erweitern. Auch Medienarchive bewahren diesen „anderen“ Blick auf die Gesellschaft. Götz Aly leitete mit seiner Forderung thematisch die spätere Fachgruppensitzung ideal ein.

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Gemeinsame Arbeitssitzung: Die EU-DSGVO – eine erste Bilanz und Perspektiven

Ein Gastbeitrag von Dr. Hans-Christian Herrmann

Auftakt mit viel Musik: Archive!! Packt die Datenschutzgrundverordnung an und begreift sie als Chance!!

Sitzungsleiterin Dr. Bettina Joergens

Die von Bettina Joergens (Landesarchiv NRW) geleitete Erste Arbeitssitzung widmete sich der EU-Datenschutzgrundverordnung. Kollege Clemens Rehm (LA Baden-Württemberg) und Kollege Jakob Wührer (Oberösterreichisches Landesarchiv) zogen eine erste Bilanz und zeigten vor allem Perspektiven auf. In diesem Thema steckt Musik, und es wird uns bei unserer praktischen Arbeit zukünftig mächtig fordern. Die Sitzung war ein gelungener Auftakt, auch wenn der im Programmheft genannte Kollege Schlenker vom Historical Archives oft he European Union aus Florenz nicht den Weg ins thüringische Suhl auf sich nahm und kurzfristig seinen Vortrag absagte.Weiterlesen

Sektionssitzung 1: Archive und ihre abgebenden Stellen

Ein Gastbeitrag von Dr. Tobias Herrmann

Am Mittwochvormittag eröffnete im Großen Saal des Congress Centrum Suhl die Sektionssitzung 1 unter Leitung von Prof. Dr. Michael Scholz (Potsdam). Aus drei unterschiedlichen Perspektiven nahmen die Beiträge rechtliche Fragen im Verhältnis zwischen Archiven und abgebenden Stellen in den Blick.

Sektionssitzung 1, in der über Archive und ihre abgebenden Stellen diskutiert wurde.

Zunächst schilderte Susanne Fröhlich (Wien) Tätigkeitsschwerpunkte und Ergebnisse der im Jahr 2013 eingerichteten österreichischen „Arbeitsgruppe Justiz“. Ausgangsbasis war der dringende Bedarf an einer Abstimmung über die jeweiligen Kompetenzen von abgebenden Behörden, Staatsarchiv (auf Bundesebene) und Landesarchiven (auf Ebene der Bundesländer) gerade im Bereich der Übernahme und Bewertung von Justizunterlagen, die gesetzlich nicht hinreichend geregelt waren. Weiterlesen

Interview mit Alexander Herschung

Beim 87. Deutschen Archivtag ist der Software-Hersteller Startext bereits zum wiederholten Male Sponsor des Kongresses. Wir haben mit Inhaber und Geschäftsführer Alexander Herschung gesprochen.

Startext Inhaber & Geschäftsführer Alexander Herschung

VdA: In den vergangenen Jahren war Startext in unregelmäßigen Abständen bei verschiedenen Fachtagungen präsent. Der Deutsche Archivtag mit der Fachmesse ARCHIVISTICA ist für Sie ein fester Jahrestermin – was ist aus Ihrer Sicht das Alleinstellungsmerkmal der ARCHIVISTICA?

A.H.: Die Menge und Vielfältigkeit sowohl der Besucher, als auch der Vortrags- und Workshopthemen, sowie der teilnehmenden Aussteller zeichnen die Archivistica aus. Anregende archivfachliche Gespräche und Veranstaltungen sind ebenso garantiert, wie zahlreiche Kontakte zu unseren Kunden und Interessenten.

Ich verfolge in der startext eine eigene F&E-Strategie, wir  entwickeln  initiativ innovative Werkzeuge und Softwarekomponenten und freuen uns jährlich zur Archivistica auf die Gelegenheit, unsere Neuentwicklungen der Archivcommunity vorzustellen. In diesem Jahr präsentieren wir unser neuestes Produkt  COMO für die Übernahme unstrukturierter Dateisammlungen.

VdA: Das Archivwesen befindet sich in einem gewaltigen Wandel; in der Informationsgesellschaft wird der Dienstleistungsgedanke für die Archive immer wichtiger. Die Software muss ständig Schritt halten und entsprechend angepasst werden. Wünschen Sie sich nicht heimlich die Pionierzeit der Softwareanbieter zurück?Weiterlesen

Informationsveranstaltung: Urheberrecht, RiC, Entgelte und ddb

Christina Wolf (Stuttgart) begrüsste die Teilnehmenden zur Informationsveranstaltung, auf der traditionsgemäß über aktuelle Entwicklung in unterschiedlichen archivrelevanten Themengebieten berichtet wird.

Andreas Weber (Stuttgart): Urheberrechtliche Entwicklungen / Dialog Lizensierungsplattform des BMJV

Nach Inkrafttreten der Urheberrechts-Wissenschafts-Gesetz (UrhWissG) im März 2018 hatte die Große Koalition einen Dialog der vom Gesetz Betroffenen in Gang gesetzt, da die darin enthaltenen Schrankenregelungen im Bereich der Verwertungsgesellschaft Wort, vor allem Verlagen untragbar erschien untragbar. Die vorgesehene Vergütung soll durch eine Lizensierungplattform abgelöst werden. Das Landesarchiv Baden-Württemberg, das als (Mit-)Verantwortlicher für die Deutsche digitale Bibliothek und das Archivportal-D in den Prozess mit einbezogen wurde, hat an der Auftaktveranstaltung der Gespräche in Bielefeld und an weiteren Werkstattgesprächen die archivische Position zum diesem Gesetz vertreten. Während Bibliotheken einen erhöhten Finanziellen Aufwand fürchten, die Forschung bürokratische Mehrarbeit erwartet, ist die Kopplung der Archivschranke an die Bibliotheksschranke (also keine eigene Schranke!) das Hauptproblem für Archive. Aus dieser Kopplung resultieren rechtliche Problem: Umgang mit Reprographien, Zugangsbehinderungen im Lesesaal, und bei unveröffentlichtem Material. Der Lösungsvorschlag des Landesarchivs (Stichwort: moving walls) wurde Forschung und Medienwissenschaftler positiv aufgenommen; die übrigen Beteiligten verhielten sich zurückhaltend. Wenig hoffnungsvoll ist die Reaktion des Bundesjustizministeriums, dass den Einwänden der Archive „keine hohe Priorität“ beimass. Nach Abschluss eines Rahmenvertrages für den Bereich der Bibliotheken, der dortigen Probleme (Stichwort: Stichworte: Schule, Fernleihe, Terminal) „entschäfte“, verläuft der weitere Prozess eher schleppend. Weiterlesen

Veranstaltung des AK Offene Archive: Fishbowl-Diskussion

Ein Gastbeitrag von Dr. Christian Hillen

Wieder ein neues Format des Arbeitskreises Offene Archive auf dem Deutschen Archivtag: Nach dem ArchivCamp im letzten Jahr in Rostock nun die Fishbowl-Diskussion in Suhl. „Was ist das denn?“, wird sich der/die ein oder andere fragen. Dabei ist die Erklärung ganz einfach: Wie Goldfische in einem Glas sitzen die DiskutantInnen in der Mitte eines großen Stuhlkreises, nach allen Seiten offen und von allen Seiten zu sehen.

Die „archivarischen Goldfische“ waren neben Dr. Joachim Kemper (Stadtarchiv Aschaffenburg und Vorsitzender des Arbeitskreises) Dr. Antje Diener-Staeckling (Landschaftsverband Westfalen Lippe), Mag. Thomas Just (Haus-, Hof- und Staatsarchiv) und Jens Best (Frankfurter Institut für Digitalen Wandel).

Der innere Kreis des Goldfischglases.

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Eröffnung des 88. Deutschen Archivtages

In der Stadthalle Rostock hat der VdA-Vorsitzende Ralf Jacob am Abend des 25. Septembers 2018 den 88. Deutschen Archivtag eröffnet. Im Mittelpunkt stand dabei der Vortrag von Eröffnungsredner Hans-Christian Ströbele, der eine Anbieterpflicht für Geheimdienstunterlagen forderte.

Eröffnungsredner Hans-Christian Ströbele. Foto: VdA

Zahlreiche Gäste aus Landes- und Lokalpolitik, Kultur, Wirtschaft, Kirche und Militär waren der Einladung des VdA gefolgt und nahmen an der offiziellen Eröffnungsveranstaltung im Saal 1 der Stadthalle Rostock teil. Zuerst begrüßte Ralf Jacob die Gäste und KongressteilnehmerInnen. In seiner Rede betonte der VdA-Vorsitzende, dass Archive für die demokratische Kultur unverzichtbar sind und forderte die KollegInnen dazu auf, vorhandene Spielräume zu nutzen.  Gesellschaftlichen Vorurteilen und Stereotypen müssten sich ArchivarInnen mithilfe der anvertrauten Unterlagen entschieden entgegenstellen.

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Sektionssitzung 4: Archive und Eigentum

Ein Gastbeitrag von Rico Quaschny

Dicht gedrängt war die Vortragsfolge in der Sektionssitzung 4, die sich unter der Leitung von Dr. Kristina Starkloff (Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin) dem Thema Archive und Eigentum widmete. In der Sektionssitzung wurden zwei unterschiedliche Komplexe in Vorträgen thematisiert: NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter in Archiven und die Handhabung von modularen Musterdepositalverträgen.

Die Sektionssitzung 4 behandelte das Thema „Archive und Eigentum“

Einführend erinnerte Kristina Starkloff an die allen bekannte Situation in Archiven, in denen neben den Übernahmen vom Archivträger mit eindeutiger Provenienz auch Archivgut ohne vertragliche Regelungen und ungeklärter Provenienz lagern. Damit verbunden sind Fragen, die z. B. die Nutzung dieses Archivgutes betreffen oder womöglich zur Rückgabe an Rechtsnachfolger führen. Handelt es sich dabei nur um „totes Material“ oder gibt es Möglichkeiten für einen rechtssicheren Umgang mit diesem Archivgut, der auch archivischen Anforderungen entspricht?Weiterlesen

Treffen für FaMI AusbilderInnen zum Austauschen und Netzwerken

Ein Gastbeitrag von Christiane Bruns und Heiko Keunike

Der UAK FaMI/Fachwirt hatte im Vorfeld des Archivtags darüber nachgedacht, die FaMI-AusbilderInnen nicht immer nur aus dem FaMI-Workshop hinaus zu komplementieren, sondern einfach mal ein Angebot an die FaMI-AusbilderInnen zu machen, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.

Geplant, gemacht. So haben wir an diesem Dienstagnachmittag in Suhl zu neunt bei unserem ersten Treffen zusammengesessen und erstmal geschaut, wer aus welchem Archiv dabei und wieviel Ausbildungsbackground jeweils vorhanden ist. Wie wir feststellten, bilden wir alle schon mehrere Jahre aus, so dass lustige, spannende und coole Azubi-Anekdoten nicht ausblieben.Weiterlesen

Podiumsdiskussion: Nutzung? Aber sicher!

Ein Gastbeitrag von Dr. Hans-Christian Herrmann

Archive – unverzichtbar und grundlegend für das Recht auf Erinnerung. Die Podiumsdiskussion zum Abschluss des Deutschen Archivtages 2019.

Gut aufgelegte DiskutantInnen bei der Suhler Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Sven-Felix Kellerhoff, Dr. Ulrich S. Soénius, Mag.a Susanne Fröhlich und Dr. Clemens Rehm

Der Leiter des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs zu Köln, Ulrich S. Soénius, moderierte die Podiumsdiskussion zum Abschluss des 89. Deutschen Archivtages. Unter dem Motto „Nutzung? Aber sicher!“ diskutierte der Kölner Kollege, bekannt für seinen rheinischen Humor und charmante Provokationen, mit Susanne Fröhlich (Österreichisches Staatsarchiv), Clemens Rehm (Landesarchiv Baden-Württemberg) und dem bekannten Journalisten Sven-Felix Kellerhoff, der für DIE WELT arbeitet. Die Runde widmete sich dabei Fragen der rechtssicheren Nutzung von Archivgut – entsprechend dem Motto des Deutschen Archivtages – packte aber auch Themen wie die Rolle der Archive in der Informationsgesellschaft an. Abschließend diskutierten sie die Frage, wie der/die ideale ArchivarIn des 21. Jahrhunderts aussehe.Weiterlesen