Gemeinsame Arbeitssitzung: Die EU-DSGVO – eine erste Bilanz und Perspektiven

Aktuelles, Allgemein

Ein Gastbeitrag von Dr. Hans-Christian Herrmann

Auftakt mit viel Musik: Archive!! Packt die Datenschutzgrundverordnung an und begreift sie als Chance!!

Sitzungsleiterin Dr. Bettina Joergens

Die von Bettina Joergens (Landesarchiv NRW) geleitete Erste Arbeitssitzung widmete sich der EU-Datenschutzgrundverordnung. Kollege Clemens Rehm (LA Baden-Württemberg) und Kollege Jakob Wührer (Oberösterreichisches Landesarchiv) zogen eine erste Bilanz und zeigten vor allem Perspektiven auf. In diesem Thema steckt Musik, und es wird uns bei unserer praktischen Arbeit zukünftig mächtig fordern. Die Sitzung war ein gelungener Auftakt, auch wenn der im Programmheft genannte Kollege Schlenker vom Historical Archives oft he European Union aus Florenz nicht den Weg ins thüringische Suhl auf sich nahm und kurzfristig seinen Vortrag absagte.

Dr. Clemens Rehm erläutert die DSGVO

Die DSGVO steht eben nicht nur für das Recht auf Vergessen, sondern ebenso für das Recht und die Pflicht zur Erinnerung, die durch die öffentlichen Archive wahrgenommen wird. Dies gilt es sowohl verwaltungsintern gegenüber den anbietungspflichtigen Stellen nachhaltig und engagiert zu kommunizieren als auch nach außen deutlich zu machen. Wir sind dabei gut beraten, verwaltungsintern am besten frühzeitig den Schulterschluss mit den Juristen zu suchen. Von massiven „Löschungsreflexen“ innerhalb der Verwaltung ist auszugehen. Archive müssen das in der DSGVO verankerte Recht auf Erinnern entsprechend vermitteln. So ist es schon vorgekommen, dass die Übergabe von Personalakten einer Stadtverwaltung in Unkenntnis des in der DSGVO verankerten Rechts auf Erinnern an das zuständige Stadtarchiv mit der Begründung verwehrt wurde, die Akten enthielten Daten von noch lebenden Personen.

Rehm ermunterte, Archive sollten die DSGVO als Chance sehen, ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft als Gestalter von Erinnern und Vergessen, als eine Anti-Fake-Versicherung der Gesellschaft zu profilieren. Archive sollten sich als Werkzeuge der Demokratie und vertrauenswürdige Datenspeicher für Erinnerungsprozesse und Rechtesicherung in den Diskurs einbringen. Dass sich die DSGVO gegenüber den Entwürfen in ihrem Anfangsstadium so differenziert entwickelt hat, ist auch Ergebnis engagierter Stellungnahmen vieler archivischer Verbände der EU-Mitgliedsstaaten wie Kollegin Joergens in ihrer Einleitung betonte und dabei etwa auch die französischen Kollegen nannte, die frühzeitig darauf hinwiesen , dass ein einseitiges Recht auf Vergessen mit der Zwecksetzung von Archiven unvereinbar ist.

Insbesondere bei der Erfassung, Bewertung und Übernahme von Daten berührt die DSGVO die archivische Welt, wenn es sich um Daten von noch lebenden Personen handelt. Auch wenn wir diese Daten übernehmen und verarbeiten dürfen und mit der Übernahme zugleich Löschungspflichten der abgebenden Stellen erfüllt werden (Löschungssurrogat), sind wir im Sinne der DSGVO zur Datensparsamkeit verpflichtet. Unsere Bewertungsentscheidung ist noch sorgfältiger zu dokumentieren und zu begründen hinsichtlich der übernommenen Datenmenge. Bei der Erschließung ist grundsätzlich in solchen Fällen an eine flachere Erschließung zu denken und eine erweiterte Verzeichnung entsprechend zu begründen. Auch Fragen der Anonymisierung oder Pseudonymisierung werden erörtert werden müssen. Wenn wir unseren Anspruch erfüllen wollen, dann muss auch unsere Abwägung im Sinne der DSGVO nachvollziehbar sein.

Am Ende der Arbeitssitzung entwickelte sich eine angeregte Diskussion mit wertvollen Nachfragen. So betonte u. a. Kollege Soénius (Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv), auch die Unternehmensarchive stehen für das Recht auf Erinnerung. Ihr öffentliches Interesse sei mit Blick auf ihre fundamentale Bedeutung für die Erforschung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte gegeben., in entsprechenden Kommentaren sei dies entsprechend klarzustellen. Die Sitzung war ein gelungener Auftakt im Sinne des Mottos „RECHTsicher- Archive und ich rechtlicher Rahmen“.

Gemeinsame Arbeitssitzung
Die EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) – eine erste Bilanz und Perspektiven 
Leitung: Dr. Bettina Joergens

Mittwoch, 18. September 9:00 bis 10:30 Uhr
Congress Centrum Suhl/ Großer Saal

Ein Gedanke zu „Gemeinsame Arbeitssitzung: Die EU-DSGVO – eine erste Bilanz und Perspektiven

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  1. Bei den Unternehmensarchiven ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie das Privileg der Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse gemäß DSGVO nur dann beanspruchen können, wenn Sie die Daten dann auch öffentlich zugänglich machen, wie Udo Schäfer, Vorsitzender des Ausschusses Archive und Recht der KLA in der Diskussion betonte.

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