Gemeinsame Arbeitssitzung

Aktuelles, Allgemein, Erschließung, Nutzung

Ein Gastbeitrag von Dr. Philip Haas

Der zweite Tag des Kongresses in Wolfsburg begann direkt mit einer großen Veranstaltung. In der einzigen Gemeinsamen Arbeitssitzung des 87. Deutschen Archivtags wurde aus verschiedenen Perspektiven der Umgang mit Überlieferungsmassen beleuchtet.

Zu Beginn der Arbeitssitzung stellte die Sektionsleiterin grundlegende Überlegungen zum Thema des diesjährigen Deutschen Archivtages an. Das Problem der Massenakte sei nicht neu, aber die digitale Massenakte stelle die Archivlandschaft vor neue Herausforderungen. Ein Königsweg zur nachhaltigen Überlieferungsbildung und digitalen Langzeitarchivierung stehe bislang noch aus.

Stieß auf großes Interesse: Die Gemeinsame Arbeitssitzung. Foto: VdA

Katharina Tiemann und Dr. Peter Worm vom LWL skizzierten die Schwierigkeit, vor welche digitale Massenakten gerade kleinere Kommunalarchive stellten und präsentierten ein mögliches Lösungskonzept am Beispiel des elektronischen Bewertungsprogramms „Anlei“ . Die Umstellung von Papier- auf eAkten verlange neue Strategien der Überlieferungsbildung in Form digitaler Bewertungssysteme. Angesichts beschränkter Ressourcen ermögliche ein „intelligentes Überlieferungswerkzeug“ die effektive Überlieferungsbildung mittels verschiedener Marker und Schnittstellen zur Übernahme der Metadaten. Es bestehe ein erhebliches Rationalisierungs- und Automatisierungspotenzial, sofern die Archive sich auf die technischen Entwicklungen einließen.

Auch Dr. Annekathrin Miegel und Dr. Eva Rödel vom Hessischen Landesarchiv befassten sich mit den Bewertungs- und Übernahmestrategien digitaler Massenakten. Die Übernahme elektronischer Massenakten sei eine Gratwanderung zwischen altbewährten archivischen Vorgehensweisen einerseits und neuen technischen Verfahren andererseits, die im Einzelnen illustriert wurden. Die Ziele und Kriterien der Bewertung blieben konstant, aber die Mechanismen und Vorgehensweisen bei der Bewertung und Übernahme änderten sich grundlegend. Bei Letzteren müsse man ansetzen und nachbessern: Die Archive müssten sich besser vernetzen und gemeinsame Testverfahren für elektronische Bewertungssysteme entwickeln, um die technische Seite des Verfahrens zu professionalisieren und zu standardisieren.

Dr. Elke Koch und Dr. Kai Naumann präsentierten das elektronische Bewertungssystem „Selesta“. Ftot: VdA

Am Beispiel von eAkten der Strafjustiz präsentierten Dr. Elke Koch und Dr. Kai Naumann vom Landesarchiv Baden-Württemberg das elektronische Bewertungssystem „Selesta“. Sie kontrastierten den langwierigen Entwicklungsprozess des Programms mit der sekundenschnellen „Bewertung auf Knopfdruck“. Einer der maßgeblichen Vorteile des Programms liege in der Möglichkeit, damit Akten der „Chaotischen Lagerhaltung“ zu bewerten und zu übernehmen. „Selesta“ differenziere zwischen Auswahlkriterien („Selektoren“), die eine Komplettübernahme sicherstellen, und solchen, die eine Zufallsauswahl ermöglichen. Es ließe sich mit rudimentären IT-Kenntnissen bedienen, aber technisch versierte Nutzerinnen und Nutzer könnten weitere Funktionen zur präziseren Bewertung nutzen. Die Bewertungskriterien würden objektiver und transparenter, aber die Autopsie durch eine Archivarin oder einen Archivar sei als Korrektiv und Kontrolle von Zeit zu Zeit nötig.

Gemeinsame Arbeitssitzung
Die Guten ins Töpfchen… Strategien und Prozesse für den Umgang mit Überlieferungsmassen
Leitung: Dr. Ulrike Gutzmann

Donnerstag, 28. September 9:00 bis 10:30 Uhr
CongressPark Wolfsburg / Großer Saal

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