Sektionssitzung 4: Archive und Eigentum

Aktuelles, Allgemein

Ein Gastbeitrag von Rico Quaschny

Dicht gedrängt war die Vortragsfolge in der Sektionssitzung 4, die sich unter der Leitung von Dr. Kristina Starkloff (Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin) dem Thema Archive und Eigentum widmete. In der Sektionssitzung wurden zwei unterschiedliche Komplexe in Vorträgen thematisiert: NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter in Archiven und die Handhabung von modularen Musterdepositalverträgen.

Die Sektionssitzung 4 behandelte das Thema „Archive und Eigentum“

Einführend erinnerte Kristina Starkloff an die allen bekannte Situation in Archiven, in denen neben den Übernahmen vom Archivträger mit eindeutiger Provenienz auch Archivgut ohne vertragliche Regelungen und ungeklärter Provenienz lagern. Damit verbunden sind Fragen, die z. B. die Nutzung dieses Archivgutes betreffen oder womöglich zur Rückgabe an Rechtsnachfolger führen. Handelt es sich dabei nur um „totes Material“ oder gibt es Möglichkeiten für einen rechtssicheren Umgang mit diesem Archivgut, der auch archivischen Anforderungen entspricht?

Im ersten Vortrag gab Dr. Gabriele Klunkert (Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar) unter dem Titel „UNRECHTmäßig im Bestand?“ eine Einführung in das Problem des „NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts“ in Archiven. Erst in den 1990er Jahren begann eine intensive Auseinandersetzung der Archive mit der eigenen Rolle im Nationalsozialismus, die sich seit der Jahrtausendwende verstärkte. Parallel dazu setzten die Bemühungen des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste ein, Bund, Länder und Kommunen bei den Recherchen zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu unterstützen.

Dr. Juliane Henzler, Dr. Christian Schlöder und Andreas Nestl referierten zum Thema „Übernahme und Nutzung nichtamtlichen Archivguts“

Bislang haben jedoch nur wenige Archive in den eigenen Beständen nach betroffenen Archivalien und Objekten geforscht, sodass Klunkert vor allem grundsätzlich für das Thema sensibilisieren wollte. Sie schilderte anhand eines Beispiels aus dem Goethe- und Schiller-Archiv Weimar, wie das Archiv 1941 unrechtmäßig in den Besitz eines Goethe-Briefes gelangt war. Sie plädierte für einen offensiven Umgang der Archive mit dem Thema und berichtete von den positiven Erfahrungen der Klassik Stiftung Weimar. Die Zusammenarbeit von kulturgutbewahrenden Einrichtungen in einer Kommune bei der Provenienzforschung werde vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste gefördert. Verbundlösungen können zielführend sein, um gerechte und faire Lösungen zu finden.

Im Vortrag von Dr. Juliane Henzler und Dr. Christian Schlöder (Niedersächsisches Landesarchiv, Hannover) ging es um den erst in diesem Jahr erstellten modularen Musterdepositalvertrag für nichtstaatliches Archivgut des Niedersächsischen Landesarchivs. Er soll eine verlässliche Grundlage für die Übernahme von Deposita in das Landesarchiv darstellen und vor allem rechtliche Klarheit zwischen Depositar und Landesarchiv schaffen. Es konnten nicht alle Vertragselemente vorgestellt werden. Henzler und Schlöder stellten die Formulierungen zu den Eigentumsverhältnissen, Regelungen zur Benutzung sowie Varianten für eine Kostenbeteiligung der Depositare vor. Als Hauptziele des Vertragsmusters wurden dabei die Klärung der Eigentumsverhältnisse, die dauerhafte Archivierung, Nutzbarmachung und Nutzungsmöglichkeiten nach dem geltenden Archivgesetz sowie die Kostenbeteiligung der Depositare herausgestellt. Insbesondere die Frage der Kostenbeteiligung, für die Henzler und Schlöder mehrere Optionen nannten, sorgte für Nachfragen und kritische Anmerkungen aus dem Publikum.

Interessierte ZuhörerInnen bei der Sektion 4

Als letzter Referent bot Andreas Nestl (Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns, München) einen Abriss zu Rechtsfragen bei der Nutzung von nichtstaatlichem Archivgut. Bezugnehmend auf seine Vorredner begann Nestl mit der treffenden Bemerkung „nur ein schlecht vorbereiteter Schenkungsvertrag [ist] besser als ein gut ausgearbeiteter Depositalvertrag“. Nestl ging auf Eigentumsfragen und die Befugnisse des Archivs bei ungeklärter Rechtslage ein. Beispiele aus der Rechtsprechung verdeutlichten die Problemfelder, in die Archive geraten können.

Im Anschluss an die Referate folgten zahlreiche Anmerkungen und Fragen aus dem Plenum. So gab es Berichte über den Aufwand bei nachträglichen Vertragsabschlüssen mit (mehreren) Erben und Nachfragen zur konkreten Kostenermittlung für Leistungen des Archivs bei der Übernahme, Erschließung und Verwahrung von Deposita. Insbesondere aus Sicht von Kommunalarchiven und der Adelsarchivpflege wurden Zweifel an der Kostenstellung für Depositare geäußert. Der offenkundige Diskussionsbedarf nach Überschreiten der Sitzungszeit gerade zu diesem Punkt zeigte, dass dieses Thema weiter für fachliche Auseinandersetzungen sorgen wird.

Sektionssitzung 4
Archive und Eigentum
Leitung: Dr. Kristina Starkloff

Mittwoch, 18. September 16:30 bis 18:00 Uhr
Congress Centrum Suhl/ Großer Saal

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