Alle Artikel von Gastautor

Archivporträt: Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl

Ein Gastbeitrag der BStU, Außenstelle Suhl

In den kalten und nebligen Abendstunden des 4. Dezembers 1989 wagten in Suhl mutige Bürgerinnen und Bürger die ersten Schritte in die damalige Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Was wenige Wochen vorher noch unmöglich schien, galt jetzt als machbar. Das MfS stoppte die Vernichtung wichtiger Unterlagen im Bezirk Suhl, der geheimpolizeiliche Behördenapparat stellte seine Arbeit ein.

Aktendeckel des Operativen Vorgangs „Rennsteig“ aus dem Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl. Foto: BStU

Durch die Friedliche Revolution 1989/90 wurde es möglich, die Unterlagen des MfS der Öffentlichkeit auf einer gesetzlichen Grundlage zugänglich zu machen. Das Stasi-Unterlagen-Archiv Suhl verwahrt seither die Überlieferung der MfS-Bezirksverwaltung Suhl und ihrer acht Kreisdienststellen. Einerseits tragen diese Unterlagen dazu bei, Strukturen, Funktionsmechanismen und Wirkungsgeschichte der SED-Diktatur zu erforschen. Anderseits dokumentiert der Bestand staatliche Willkür, Überwachung und Verrat, aber auch Bürgermut und Zivilcourage.

Nach der Auflösung des Staatssicherheitsdienstes im Bezirk Suhl wurden dessen Unterlagen zunächst in die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des MfS in der Suhler Neundorfer Straße gebracht. Seit dem Jahr 1992 werden sie in einem ehemaligen Gebäude der Offiziershochschule der DDR-Grenztruppen in der Weidbergstraße auf dem Suhler Friedberg verwahrt. Im dortigen Stasi-Unterlagen-Archiv sind aktuell 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Verwahrung, Erschließung und Verwendung der Unterlagen betraut. Schwerpunkte ihres Aufgabenspektrums bilden die Bearbeitung von Anträgen auf persönliche Akteneinsicht sowie zur Nutzung durch Forschung und Medien, aber auch die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Öffentlichkeitsarbeit und politische Bildung.Weiterlesen

Archivportrait: Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Meiningen

Ein Gastbeitrag von Katharina Witter

Das 1923 gegründete Staatsarchiv Meiningen ist seit 2016 eine der sechs Abteilungen des neugebildeten Landesarchivs Thüringen. Es ist hervorgegangen in seiner älteren Überlieferung aus dem 1660 gebildeten Gemeinschaftlichen Hennebergischen Archiv.

Dieses besteht aus dem unteilbaren Bestand, der nach dem Aussterben der Grafen von Henneberg (1583) in Meiningen verblieb, und dem im 20. Jahrhundert ein Teil der nach 1660 an die neuen Eigentümer der entsprechenden Landesteile abgegebenen Unterlagen wieder angefügt wurde. Den zweiten Grundstein bildete das seit dem 18. Jahrhundert für das durch Erbteilung unter den Ernestinern 1680/81 neu entstandene Herzogtum Sachsen-Meiningen bestehende Geheime (Kanzlei-) Archiv, in dem nach 1850 auch die Altakten der übrigen oberen Landesbehörden und private Archivalien der herzoglichen Familie zusammengeführt wurden.

Die ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Suhl, heute Gebäude des Archivdepots Suhl des Thüringischen Staatsarchiv Meiningen. Foto: Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Meiningen

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Podiumsdiskussion

Ein Gastbeitrag von Christina Düring und Thomas Kübler

Zum Abschluss des 88. Deutschen Archivtages fand die mit Spannung erwartete Podiumsdiskussion zum Thema „Transparenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit – die Erforschung der Sicherheitsdienste als Gretchenfrage archivischer Identität“ statt, der noch viele Archivtagsteilnehmerinnen und Archivtagsteilnehmer folgten. Unter der Leitung von Dr. Hans-Christian Herrmann (Saarbrücken) diskutierten Dr. Michael Hollmann (Präsident des Bundesarchivs), Prof. Dr. Frank Überall (Bundesvorsitzender Deutscher Journalistenverband) und Prof. Dr. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum).

Die Teilnehmer an der Diskussionsrunde (v.l.n.r.): Prof. Dr. Constantin Goschler, Moderator Dr. Hans-Christian Herrmann, Prof. Dr. Frank Überall und Dr. Michael Hollmann. Foto: VdA

Der vierte Diskutant Lars Rohwer (Mitglied des Sächsischen Landtag und Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses) hatte kurzfristig absagen müssen, was letztlich und zwangsläufig zu einem veränderten inhaltlichen Diskussionsverlauf führen musste, da damit natürlich einer der hauptsächlichen, zeitgenössischen „Registraturbildner von Geheimakten“ fehlte.Weiterlesen

Sektionssitzung 4

Ein Gastbeitrag von Peter Fauck

Freier Zugang zu Archivgut ist ein Anspruch, der von außen an Archive gerichtet, aber auch von Archiven an sich selbst gestellt wird. Die Möglichkeiten der digitalen Welt eröffnen neue Perspektiven für die Verbreitung von Informationen, zugleich aber auch spezifische Einschränkungen hinsichtlich des Daten- und Persönlichkeitsschutzes und des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen. Im Spannungsfeld von Zugangsöffnung und -beschränkung bewegten sich die Beiträge dieser Sektionssitzung.

Pierre Maurice Augel referierte über das Rechtesystem in invenio. Foto: VdA

Das Bundesarchiv verfügt mit invenio über ein Werkzeug zur feingranularen Steuerung von Zugriffsrechten für die Recherche und Benutzung von mehreren Millionen Erschließungsdatensätzen und Digitalisaten. Pierre Maurice Augel erläuterte in seinem Vortrag die Funktionsweise des Systems und hinterfragte die Komplexität des Rechtemanagements aus der Perspektive der Archivmitarbeiter und aus Nutzersicht. Weiterlesen

Sektionssitzung 3

Ein Gastbeitrag von Dr. Ulrike Gutzmann

Am Nachmittag des zweiten Kongresstages fand die Sektionssitzung 3 unter der Leitung von Dr. Eberhard Fritz statt. Thema der Veranstaltung waren Fragen der Authentizität.

„Gehören Fälschungen ins Archiv?“ fragte Harald Arends bei der Sektionssitzung 3. Foto: VdA

Der Kriminaltechniker und Archivar Harald Arends (Berlin) wagte im ersten Vortrag den Blick über den Tellerrand und stellte die Kulturtechnik des Täuschens ebenso wie den Fake im popkulturellen Zusammenhang vor. Er unterschied u.a. Kopien, Duplikate und Faksimiles von Fälschungen, die mit dem Vorsatz hergestellt wurden, ein vermeintlich echtes Dokument zu schaffen. Weiterlesen

Sektionssitzung 2

Ein Gastbeitrag von Dr. Bettina Joergens

Dr. Jörg-Uwe Fischer (Potsdam) leitete die Sektion mit einem Rückblick auf zwei stark voneinander abweichende Positionen aus den 1990er Jahren zu der Frage, ob HistorikerInnen an Bewertungsentscheidungen von Archiven beteiligt werden sollen. Heute ist Partizipation ein viel geführtes Schlagwort, ein weiteres ist „Citizen Science“. Vor diesem Hintergrund stellten eine Archivarin und ein Archivar Konzepte und Beispiele zur Erschließung und Bewertung zur Diskussion.

„Überlieferungsbildung in Zeiten flüchtiger Strukturen“ war der Titel des Vortrags von Dr. Christine Axer. Foto: VdA

Den Anfang machte Dr. Christine Axer (Hamburg) mit einem Bericht über die sich verändernden Konzepte zur Systematisierung der Überlieferungsbildung „in Zeiten flüchtiger Strukturen“ auf der Basis von Archivierungs- und Bewertungsmodellen und an der immer neu auszulotenden Grenze zum Records Management in Behörden. Weiterlesen

Sektionssitzung 1

Ein Gastbeitrag von Rico Quaschny

Die Sektionsitzung 1 widmete sich den Problemen einer verlässlichen Überlieferungsbildung bei der Übernahme. Leiter  Prof. Dr. Michael Scholz (Fachhochschule Potsdam) betonte, sie sei Grundvoraussetzung für die aktive Rolle von Archiven in einer demokratischen Gesellschaft.

Dr. Astrid Küntzel sprach über Grundsatzfragen und aktuelle Herausforderungen der Behördenarchive. Foto: VdA

Dr. Astrid Küntzel (Duisburg) thematisierte in ihrem Vortrag „Behördenarchive“, die bisher in der Fachdiskussion kaum systematisch behandelt wurden. Auf der einen Seite sind Behörden anbietungspflichtig. Verwahren sie jedoch ihre Unterlagen dauerhaft selbst, bestehe die Gefahr der Verselbstständigung ihrer Altregistraturen. Küntzel machte anhand verschiedener Beispiele deutlich, welche Problemfelder mit Behördenarchiven verbunden sind. Archive haben die Aufgabe Verstöße gegen Regelungen des Landesarchivgesetzes zu verhindern, mit den Behörden im Gespräch zu bleiben und Behördenarchive nur als Ausnahmen zuzulassen.Weiterlesen

Gemeinsame Arbeitssitzung

Ein Gastbeitrag von Dr. Michael Häusler

Jedes Archiv hat eine Demokratie unterstützende Funktion und soll ihr gerecht werden. Dieses hohe Ideal formulierten sämtliche Beiträge der Gemeinsamen Arbeitssitzung, mit der der 88. Deutsche Archivtag in seine Sacharbeit einstieg. Zugleich machten die konkreten Beispiele deutlich, dass jedes Archiv, ob klein oder groß, an der Umsetzung dieses Ideals aktiv mitwirken kann.

Dr. Peter Quadflieg (Eupen) sprach zu „Autonomie und Archiv“. Foto: VdA

Die Zweigstelle des Belgischen Staatsarchivs in Eupen arbeitet am Aufbau einer Überlieferungsbildung für die Institutionen der kleinen Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. In seinem Vortrag beschrieb Dr. Peter Quadflieg die administrativen Rahmenbedingungen und praktischen Herausforderungen, die damit verbunden sind. Weiterlesen

Bericht zur Sektionssitzung 4

Ein Gastbeitrag von Dr. Tobias Herrmann

Am zweiten Kongresstag beschäftigte sich die Sektionssitzung 4 mit dem Bereich Bestanderhaltungsmanagement. Zum Rahmenthema „Heute schon an Morgen gedacht“ wurden drei Vorträge mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung gehalten.

Johannes Kistenich-Zerfaß vom Hessischen Landesarchiv Darmstadt stellte unter dem Titel „Den Zerfall nicht dem Zufall überlassen“ die Entwicklung eines Arbeitsprogramms zum Originalerhalt in Hessen vor. Im Mittelpunkt dessen steht die „mathematische“ Ermittlung von Beständen, die mit besonders hoher Priorität bestandserhalterischen Maßnahmen unterzogen werden sollen.

Dr. Kistenich-Zerfaß sprach zum Originalerhalt in der Sektion 4. Foto: VdA

Auf der einen Seite wird durch Einteilung in Schadensklassen und Betrachtung von Schadensbildern das Schadensausmaß erfasst. Auf der anderen Seite werden die Bestände in bestimmten Kategorien gewichtet auf ihren „Wert“ hin geprüft: Handelt es sich um einen Rückgratbestand? Ist der Bestand für die Rechtssicherung von Bedeutung? Wie ist der Überlieferungskontext? Ist der Bestand zur Gewinnung von Drittmitteln geeignet? Durch die Multiplikation der Ergebnisse ergibt sich eine klare Abfolge der einbezogenen Bestände. Im letzten Schritt kann noch die „Ressourceneffizienz“ berücksichtigt werden, d.h. die Überlegung, wo die eingesetzten Haushaltsmittel zu einem besonders großen Umfang an restaurierten Unterlagen führen.Weiterlesen

Bericht zur Sektionssitzung 3

Ein Gastbeitrag von Dr. Antje Diener-Staeckling

„Automatisierung, wohin man blickt, aber in den Archiven und auch Bibliotheken wird noch viel im direkten Kundenkontakt erledigt.“ So führte Torsten Musial in die Sektion 3 ein. Welche Möglichkeiten die schöne neue Medienwelt liefern könnte, diesen Zustand zu ändern habe nicht zuletzt der Abendvortrag am ersten Veranstaltungstag gezeigt.

Es ist der heimliche Traum eines jeden Archivars, einer jeden Archivarin: Bei Massenakten muss nicht mehr jede Verzeichnungseinheit einzeln bearbeitet werden, sondern eine Software nimmt gleich ganze Akten-Gruppen auf. Genauso wird schon seit Jahren auf eine Software gehofft, die Handschriften entziffern kann. Die Entwicklungen der modernen Technik bieten nicht nur Möglichkeiten, sondern zeigen auch immer wieder neue Grenzen der Technik nicht nur im Archivbereich auf. Damit sei das Thema der 3. Sektion beim Deutschen Archivtag in Wolfsburg kurz umrissen.

Michael Aumüller vom Grundbuchzentralarchiv Kornwestheim. Foto: VdA

Zu Beginn stellten Michael Aumüller und Ulrike Kühnle vom Grundbuchzentralarchiv Kornwestheim das Projekt „Rationelle Erfassung und Verwaltung massenförmiger Unterlagen“ im Grundbucharchiv vor. Ausgang war zunächst eine Anfrage bei den Justizbehörden des Landes Baden-Württemberg, den Hauptnutzern des Archivs. Daran orientiert wurden seit Mitte 2012 bis 2017 die Aufgaben von 663 Grundbuchämtern in 13 Amtsgerichte überführt und auf elektronische Bearbeitung umgestellt. Als Folge werden alle Papierunterlagen im Zentralgrundbucharchiv zusammengeführt.Weiterlesen